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Dieser Foto-Blog berichtet aktuell über interessante Erfahrungen, Neuheiten und Ideen in der Landschafts- und Naturfotografie.

 

Beelitz Heilstätten

Die Heilstätten in Beelitz gehören seit Jahren für Fotografen zu den top lost places in Europa, weil hier ein riesigen Areal an architektonisch bemerkenswerten Gebäuden langsam zerfällt. Ich selbst arbeite seit einige Jahren im Rahmen eines freien Projektes an der Aufgabe, die Ästhetik der Vergänglichkeit photographisch umzusetzen und habe vor diesem Hintergrund Beelitz regelmässig besucht. Als die Heilstätten im Jahr 1902 offiziell eröffnet wurden, wollte man in erster Linie die damals wütende Tuberkulose in den Griff bekommen. Um eine weitere Verbreitung der Krankheit zu verhindern, wurden Tuberkulose-Patienten in den Bereichen nördlich der Bahngleise untergebracht, in den südlich gelegenen Bereichen wurden ausschließlich nicht ansteckende Krankheiten behandelt. Während der beiden Weltkriege wurden die Heilstätten zum Lazarett für verwundete Soldaten umfunktioniert. Rund 17.500 Verwundete wurden allein zwischen 1914 und 1918 in Beelitz versorgt, darunter auch der damalige Gefreite Adolf Hitler. Das riesige Areal von ca. 200 Hektar umfasst ca. 60 denkmalgeschützte Gebäude und gehört heute zu den meist frequentierten Lost Places aber auch Spukorten in Deutschland.

Wer die Beelitz-Heilstätten heute betritt, glaubt kaum, dass er sich in einem ehemaligen Vorzeige-Krankenhaus befindet. Die Gebäude verfallen, die Wände sind mit Graffiti überzogen, die Fenster entweder vernagelt oder eingeworfen und Regen tropft durch die Dächer. Manfred Kriegelstein gehörte meines Wissens zu den ersten Fotografen, der Beelitz systematisch mit der Kamera entdeckte. Später wurden die Heilstätten auch von der Filmindustrie entdeckt: Die ersten drei filmischen Auftritte gab es 1996 in Detlev Bucks Film „Männerpension“ mit Til Schweiger, in dem die Heilstätten eine Senioren-Residenz verkörpern. 2001 wehte dann zum ersten Mal ein Hauch von Hollywood durch die Ruine. Roman Polanski nutzte die alte Chirurgie und das Verwaltungsgebäude für seinen Film „Der Pianist“. Die verschmutzten Flure, geplünderten Räume und zerbrochenen Fenster spiegelten Warschau im zweiten Weltkrieg perfekt wider. Im Frühjahr 2009 entdeckte Tom Cruise das ehemalige Badehaus für sich und ließen die gesamte obere Etage renovieren bzw. zum Lazarett umgestalten. Später wurde die Eröffnungssequenz des Films „Operation Walküre“ hier gedreht, in der Nina von Stauffenberg (Carice van Houten) ihren verwundeten Mann besucht. 2012 nutzte das ZDF die Westseite des Geländes und drehte dort zwei Szenen für den Fernsehfilm „Das Adlon – Eine Familiensaga“. 

Im Frühjahr 2015 suchte US-Regisseur Gore Verbinski in Europa nach geeigneten Drehorten für seinen Horror-Thriller „A Cure for Wellness“. Es schwebte ihm ein Krankenhaus in historischem Baustil vor, welches später im Film eine Kurklinik darstellen sollte. Bei seiner Tour durch verschiedene europäische Filmstudios passierte er unter anderem das Studio Babelsberg, dessen Location Scout eine Führung durch die Heilstätten in Beelitz organisierte. Nur wenige Tage später entschied sich Verbinski schließlich, den Film in Deutschland zu drehen. Unter strenger Überwachung des Denkmalschutzamtes ließ das Studio Babelsberg in Folge große Teile des Sanatoriums, insbesondere das Badehaus, für den Film renovieren und teilweise in den Originalzustand von 1910 zurückversetzen. Insgesamt 1000 Kubikmeter Schutt wurde entsorgt, 350 Fenster ausgetauscht und über 200 Zimmer und Behandlungsräume, sowie viele Flure, verputzt und gestrichen. Gärtner verschönerten den Außenbereich, zwei Dächer würden neu gedeckt und vor dem Badehaus errichtete man eine große Außenterrasse sowie einige Zwischenwände im Turnsaal des Obergeschosses. Aus den verfallenen Räumen der Heilstätten wurde binnen weniger Monate „Dr. Volmers Kurklinik“ in den Schweizer Alpen. Die Dreharbeiten für „A Cure for Wellness“ wurden nach wenigen Monaten abgeschlossen, 80 Prozent des finalen Filmes entstanden in Beelitz.

Vor allem durch den letzteren Film wurden die Heilstätten in Ihrem Erscheinungsbild allerdings stark verändert und einige Schlüsselmotive existieren nicht mehr in der ursprüngliche Form. Es stellt sich also die berechtigte Frage: Lohnt sich heute noch ein Besuch in Beelitz Heilstätten für ambitionierte Fotografen? Nach meinem letzten Besuch im Februar 2018 ist meine Meinung, dass sich ein Besuch tatsächlich nur noch dann lohnt, wenn man noch nie in Beelitz gewesen ist. Bei den nachfolgenden Bildern kann man gut das vorher/nachher sehen: Die früheren Bilder sind ab 2010 entstanden zu einer Zeit, als Beelitz noch wenig entdeckt war. 

Wer sich trotzdem zu einer Besichtigung entschliesst: Der nördliche Teil des Geländes ist seit 2014 für die Öffentlichkeit zugänglich und kann von einem „Baumkronenpfad“ aus besichtigt werden. Wer ins Innere der Gebäude möchte und sich selbst auf Drehortsuche begeben will, kann offizielle Touren buchen. Das Geld wird zum Erhalt der Gebäude genutzt. Wer die Heilstätten besuchen möchte, sollte dies möglichst bald planen, denn wie es mit der Anlage weitergeht und wie lange es dort noch Touren geben wird, steht momentan in den Sternen. Mehrere Investoren interessieren sich für das Areal und möchten es gerne sanieren. Achtung! Von einer Erkundung ohne Anmeldung rate ich ausdrücklich ab! Außerhalb der Touren wird das Gelände von einem Wachschutz streng kontrolliert und Hausfriedensbrüche werden sofort und in der Zwischenzeit auch ohne Ausnahme sofort zur Anzeige gebracht.

Nachfolgend eine Auswahl an Bildern, entstanden zwischen 2008 und 2014, aufgenommen in der Zentralbadeanstalt, dem Frauen- und Männersanatorium, dem Küchengebäude, der Bäckerei, der Fleischerei und der Männerklinik.

Weiterführende Links: Altes Stasikrankenhaus, Die verbotene Stadt, Bildergalerie Lost Places